Von Heilern, Brandy und einem Huhn

Südafrika, bekannt für Safaris mit den big 5,  lange Surferstrände, das Kap der Guten Hoffnung mit seinen Weinen und bald, so sei zu hoffen, für eine gelungene  Austragung der Fussballweltmeisterschaften 2010, dieses Südafrika hat jenseits von den ewig enthusiastischen Erklärungen des Lonely Plantes Geschichten und Gesichter zu bieten, die wenig mit bekannt-erwünschten Reisebildern zutun haben.

Ein eher rationales Forschungsprojekt der FU Berlin hat mich als Ethnologin nach Kapstadt geschickt, um die intellektuelle Eigentumsrechte an Heilpflanzen und der daraus gewonnen Medizin zu erforschen.  Bei Vertragsunterzeichnung erschienen mir natürlich sofort Bilder des Film  „Der ewigen Gärtner“ vor meinen inneren Auge. Wo grosse Pharmakonzerne im Spiel sind, da ist wenig Humor zu erwarten. Diese Befürchtung hat sich nach einem halben Jahr Forschung bereits weitesgehend bestätigt und doch gibt es diesem sich als spannender als erwartet herauskristalisierenden Forschungsfeld äusserst humorvolle Momente, besonders wenn man das politisch-juristische oder rein wissenschaftliche Feld verlässt und sich in die Welt derer begibt, die um ihre Rechte kämfen, die sogenannten indigenous communities und deren traditionelle Heiler.

Erst kürzlich habe ich eine solche Community am Rande Kapstadts besucht. Ein Township mit dem Namen Lwandle, nicht weit entfernt vom  langen Strand der False Bay, die sich angenehm in das Kap der guten Hoffnung und den Bergzug des Hangclips einschmiegt. Eine schöne Gegend. Immer der N2 von Kapstadt nach Sommerset West folgend biegt man kurz vor den Aufstieg zum Sir Lowry Pass ab. Gerdeaus geht es in Richtung Garden Route. Lwandle aber hat wenig mit dieser weissen afrikaans und englisch sprechenden Welt weitläufiger, weissstrahelnder Häuser zu tun. Lwandle ist ein Township, wie er am Rande beinah jeder Stadt zu finden ist.  Townships werden im Lonely Plante als buchbare Touristenattraktion beschrieben, für rund 50 Euro pro Tour ist es zu besichtigen, das Leben der anderen in Südafrika. Obwohl das Ende der Apartheid seit nun gut 15 Jahren ausgerufen wurde, ist der faktische Unterschied zwischen Schwarz, Weiss und Coulored (das sind alle Südafrikaner, die weder rein weiss, noch rein schwarz sind) weiterhin eklatant. Lwandle beginnt am Kreisverkehr kurz rechts nahe der N2. Wie so viele Townships beginnt es mit den ersten streunenden Hunden, bewohneten Wellblechhütten,  mit  deckenumwickelten Frauen, mit einem Minitaxistand und hier sogar mit einer kleinen Polizeistation. Und doch,  Lwandle ist ein besseres Township. Ein Schild weisst auf ein Museum hin und das  Gemeindehaus hat eine eigene, gut ausgestattete Bücherei.

Ich werde dort von Beauty erwartet. Beauty ist eine traditionelle Heilerin. Und Beatuy weiss was sie will. Sie spricht Englisch, hat sich selber Afrikaans beigebracht und Beauty organisiert.  Sie organisiertdie Gemeinde, sie organisiert  mich, sie organisert die anderen Heilerinnen, die für ein Treffen zusammengekommen sind. Sie organisert beinah einen Ausflug nach Deutschland, mit mir, durch mich.  Durchorganisiert wie sie ist, schafft sie es auch, in diesem Treffen soviel zu sagen sagen wie gewollt und soviel nicht zu sagen, wie nötig. Es scheint nötig, nicht viel zu sagen, denn alles was gesagt werden kann, muss ernsthaft bezahlt werden, in Lwandle. Das nächste Treffen mit Beauty und den Heilerinnen kostet mich eine Flasche Brandy und ein lebendiges Huhn.  Naiv, wie ich als wohl erzogenen Deutsche bin, bereite ich gewissenhaft das nächste Treffen vor. Ich kaufe Brandy, weiss aber nicht so recht, wo ich ein lebendiges Huhn her kriegen soll, bei Woolworth (in Südafrka eine Mittelklasse Feinkostkette, die dreifachverpacktes organic food verkauft, schick gemacht für die representable Küche. Mit dem deutschen“ Schrammel-Wolwort“ hat das wenig zu tun) gibt es nur gegrilltes Fertighuhn, ebenso bei Pick n Pay, Checkers und Shoprite. Nun gut, ich fahre ohne lebendiges Huhn und meiner Flasche Brandy los zum nächsten Heilerinnen-Treffen in Lwandle. …(Fortsetzung folgt)

7 Gedanken zu „Von Heilern, Brandy und einem Huhn

  1. Ich schreibe gerne den ersten Kommentar zum ersten Beitrag. Es liest sich so spannend, dass ich inbedingt mehr davon lesen möchte. Nur zu, nach und nach werden sich Leser einfinden zu diesem ungewöhnlichen Thema.
    Beste Grüße
    Karu

  2. Ich bin begeistert, Du hast absolutes Talent zum Schreiben. Da ist selbst
    das spannend womit ich mich erst noch befassen muß. Aber Du bingst mich glatt dazu.

    SUPER, bitte schreib mehr

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